Erstmalig seit Beginn der Corona-Pandemie fand am Freitag, den 21.10.2022 im Bezirk-Mitte wieder eine Einbürgerungsfeier statt. Den 50 angehenden Neubürger*innen aus 20 verschiedenen Nationen wurde im Robert-Havemann-Saal im Rathaus Mitte die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen. Die meisten der Einzubürgernden stammen aus Syrien und der Ukraine. Aber auch Menschen aus Ungarn, Marokko, Indien, Türkei, Iran, Tunesien, Ägypten, Israel, Pakistan, Taiwan, Argentinien, Mexiko, Kuba, Frankreich, Finnland, Portugal, Rumänien und Italien waren vertreten.
In den letzten beiden Jahren wurden in Berlin zwar 14.231 Menschen eingebürgert. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten die Feierlichkeiten zur Einbürgerung jedoch nicht stattfinden. Das Abhalten von Einbürgerungszeremonien hat symbolische Bedeutung: Neubürger*innen kommen zusammen und können sich darüber austauschen, was die Einbürgerung für sie bedeutet. Die Kommune hat die Möglichkeit, die neuen Bürger:innen im offiziellen Rahmen willkommen zu heißen.
Wir als Fraktion begrüßen die Einbürgerung von dauerhaft in Berlin lebenden Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung. Sie hat nicht nur gesamtgesellschaftlichen Nutzen, wie die Bindung von Bürger:innen an die deutsche Gesellschaft, sondern kommt vor allem den Einzubürgernden zugute und gewährt eine Reihe von Vorteilen:
Teilhabe durch Wahlrecht: Aktuell leben rund 10 Millionen Menschen in Deutschland, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, viele davon arbeiten und zahlen Steuern. Wählen dürfen sie allerdings nicht, denn in Deutschland ist das Wahlrecht an die Nationalität geknüpft. Bisher durften Migrant*innen ohne Wahlrecht nur an symbolischen Wahlen teilnehmen. Eine Einbürgerung ermöglicht den hier lebenden Menschen ein Mitspracherecht bei Wahlen auf Kommunal,- Landes- und Bundesebene. Die Einbürgerung gewährt ein automatisches Wahlrecht.
Politisches Engagement: Nur wer eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, kann sich politisch beteiligen und z.B. für ein politisches Amt kandidieren. Eine Einbürgerung ermöglicht Menschen, sich in die Gesellschaft einzubringen und Politik aktiv mitzugestalten.
Freier Zugang zu allen Berufen: Für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung ist der Arbeitsmarktzugang mit einigen Hürden verbunden und hängt vom Aufenthaltstitel ab. Mit einer Einbürgerung werden die freie Berufswahl sowie die Arbeit als Beamter oder Beamtin im öffentlichen Dienst möglich.
EU-Bürgerschaft: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, wird gleichzeitig EU-Bürger*in und kann sich uneingeschränkt in der EU aufhalten und arbeiten. EU-Bürger*innen, die bisher nur an Wahlen auf der kommunalen Ebene teilnehmen durften, erhalten jetzt auch ein Wahlrecht für die Wahlen auf staatlicher Ebene.
Die Einbürgerung ist in Berlin jedoch ein langwieriger Prozess. Die bürokratischen Hürden sind hoch und die Wartezeiten für Termine auf Bürgerämtern lang. Die pandemiebedingten Einschränkungen haben den Prozess der Einbürgerung zusätzlich erschwert. Damit alle Menschen sich über die adäquate Vorgehensweise zum Einbürgerungsverfahren informieren können und ihr Recht auf Einbürgerung wahrnehmen können, haben wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte einen Antrag eingereicht, die das Bezirksamt und in dem Fall das Einbürgerungsamt auffordert, allen an einem Einbürgerungsverfahren interessierten Bürger*innen vollständig über ihre Mitwirkungspflichten zu informieren. Nur so kann gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit aller Bürger*innen in unserem Bezirk gewährleistet sein.
Nachdem der Ausschuss für Soziales und Bürgerdienste der BVV einstimmig die Annahme des Antrags empfohlen hat, wurde unserer Antrag zur vollständigen und zeitnahen Informierung zum Einbürgerungsverfahren aller daran interessierten Bürger*innen durch das Einbürgerungsamt beschlossen.
Marian Luca, Vorsitzender des Integrations- und Partizipationsausschusses und Sprecher für Bürgerdienste und Jalal Amin, Sprecher für Migration für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen BVV Mitte.