Karstadt Müllerstraße: Alles Paletti?
In unserer großen Anfrage wollten wir vom Bezirksamt erfahren, warum die Bayerische Versicherungskammer offenbar nicht mehr an den ursprünglich geplanten Projekten für das ehemalige Karstadt-Gebäude am Leopoldplatz festhält – obwohl diese im Realisierungswettbewerb beschlossen wurden.
Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger antwortete stellvertretend für SPD-Stadtrat Gothe, dass die im Beteiligungsverfahren erarbeiteten Planungen vorerst vom Tisch seien. Die Versicherungskammer begründet dies mit der wirtschaftlichen Lage und gestiegenen Kosten. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes ist es besonders bedauerlich, dass die angekündigten Wohnungen nicht realisiert werden.
Auf unsere Frage, welche Maßnahmen das Bezirksamt ergreift, um zusätzliche Nutzungen im ehemaligen Karstadt-Gebäude zu ermöglichen, zeigt sich die Versicherungskammer immerhin offen gegenüber kulturellen Zwischennutzungen. Das wäre eine große Chance für viele Künstler*innen, die unter hohen Atelier- und Raumkosten leiden. Eine erste kultur- und nachbarschaftsorientierte Pioniernutzung am Leopoldplatz könnte nicht nur bezahlbare Räume schaffen, sondern auch größere Kulturprojekte anziehen.
Ursprünglich sollte im ehemaligen Karstadt-Gebäude ein „Haus der Hilfe“ für Suchtkranke und Obdachlose eingerichtet werden. Dies wurde nun von der Investorin abgelehnt. Wir haben daher nachgefragt, welche alternativen Standorte das Bezirksamt für dieses Projekt sieht und welche Schritte es unternimmt, um dessen Umsetzung sicherzustellen.
Das Bezirksamt ist zuversichtlich, dass das „Haus der Hilfe“ in einer der zwei von der Schließung bedrohten DRK-Kliniken in Berlin-Mitte entstehen könnte. Besonders der Standort auf der Drontheimer Straße wäre gut geeignet, um mit einem integrierten Konzept nachhaltige Lösungen für die Probleme vor Ort zu schaffen.

„Es ist entscheidend, dass das „Haus der Hilfe“ einen festen Standort bekommt. Doch wir vermissen ein klares Signal der Regierenden. Auch auf Landesebene sollte es ein Anliegen sein, die Lage am Leo langfristig zu stabilisieren und die bisher investierten Gelder sinnvoll zu nutzen. Es braucht eine gemeinsames Vorgehen. Ein langfristig sich selbst tragender Kulturbetrieb sollte auch im Interesse der Landesregierung sein.
Weihnachtsmärkte ohne Barrieren
Nach Weihnachten ist vor Weihnachten – die Planungen für die nächsten Weihnachtsmärkte laufen bereits an. Glühwein, gebrannte Mandeln und Bratwurst gehören zu einem gelungenen Weihnachtsmarktbesuch dazu. Doch nicht alle können diese Atmosphäre ungehindert genießen. Menschen mit Behinderungen stoßen auf Weihnachtsmärkten auf zahlreiche Barrieren. Rollstuhlnutzer*innen bleiben an schlecht gesicherten Leitungen hängen, sehbehinderten Menschen fällt die Orientierung schwer - besonders inmitten großer Menschenmengen. Auch Menschen, die kleiner als der Durchschnitt sind oder nicht lange stehen können, haben oft Probleme, die Stände und Angebote uneingeschränkt zu nutzen.
Dank unseres Antrags wird das Bezirksamt künftig verstärkt auf die barrierefreie Gestaltung der Weihnachtsmärkte in Mitte achten. Dies soll im Rahmen der Interessenbekundungsverfahren geschehen, in denen die Flächen für die Weihnachtsmärkte im Bezirk vergeben werden. Durch klare Auflagen und eine gezielte Auswahl der Betreiber*innen soll die Barrierefreiheit nachhaltig verbessert werden.
Dem Antrag wurde zugestimmt: https://tinyurl.com/3rde6tk7
Bedarfsgerechte Ausstattung der Hilfen zur Erziehung einfordern - strukturelle Defizite endlich beheben
Die finanziellen Engpässe im Bereich der Hilfen zur Erziehung (HzE) sind nicht nur Folge gesellschaftlicher Krisen, sondern auch Ergebnis unzureichender Regelungen des Landes Berlin. Die Bezirke sind verpflichtet, HzE-Leistungen als Rechtsanspruch zu gewährleisten, erhalten dafür aber nur eine teilweise Kostenerstattung. Gleichzeitig sind die Jugendämter auf die vorhandenen Angebote der freien Träger angewiesen. Auch der Aufbau eigener kommunaler Einrichtungen, der die Steuerungsfähigkeit der Bezirke verbessern könnte, liegt in der Verantwortung des Landes und steht bislang aus. Die BVV Mitte hat unserem Antrag zugestimmt, auf die strukturellen Mängel in der Finanzierung und Ausstattung der HzE auf Landesebene aufmerksam zu machen und damit eine bedarfsgerechte Versorgung sowie echte Steuerung durch die Bezirke zu fordern. Konkret bedeutet das:
- Zuweisungen an die Bezirke müssen an die gestiegenen Bedarfe und die erhöhten Kosten (z.B. durch Inflation, Tarifsteigerungen, höhere Tagessätze) angepasst werden;
- Mehrausgaben durch gestiegene Fallzahlen und Kosten im Jahresverlauf müssen vollständig ausgeglichen werden - da es sich um einen Rechtsanspruch der Familien handelt;
- Das Land Berlin muss langfristig wieder eigene kommunale Einrichtungen aufbauen, um ein stabiles Angebot zu sichern und die Steuerungsfähigkeit der Bezirke zu stärken.
Der Antrag wurde beschlossen: https://tinyurl.com/5n9bjkss